#om12: Was machen wir ohne Twitter?

Am Wochenende war in Kassel mal wieder diese openmind, die familiärste, gemütlichste, visionärste und unterhaltsamste Piraten-und-Netzaktivisten-Konferenz überhaupt. Es gibt dort auch immer einen Barcamp-Teil, und dieses Jahr habe ich mich entschlossen, eine Diskussion zum Thema »Was machen wir ohne Twitter?« zu initiieren.

Zur Zeit kann man nämlich beobachten, dass sich Twitter verändert. Einerseits legen Leute wegen der Atmosphäre und Diskussionskultur temporär oder weniger temporär ihre Accounts still (z.B. @dieKadda oder @plaetzchen), aber andererseits arbeitet auch Twitter selbst scheinbar gegen seine User: Schon seit über einem Jahr wird davon abgeraten, neue Twitter-Clients zu entwickeln, und jüngst läuten immer häufiger die Alarmglocken. Der populäre Drittanbieter-Client TweetBot darf nur noch 100.000 Benutzer haben. Der Clouddienste-Verknüpfelungs-Dienst IFTTT war gezwungen, seine Twitter-Integration größtenteils in die Tonne zu treten. Generell bekommt man den Eindruck, Twitter bewegt sich in Richtung Stars und Nachrichten statt Community und Diskussion.

Die Gefahr, die der Netzgemeinde™ daher möglicherweise droht: Twitter wird unbenutzbar, weil Features wegfallen, Gruppen ausgeschlossen werden oder das Ökosystem an Tools und Software verrottet. Also habe ich vorgeschlagen: Lasst uns mal darüber reden. Und zwar erst mal darüber, ob überhaupt Handlungsbedarf besteht, und dann darüber, was wir denn tun sollten und wann.

Obwohl für die Barcamp-Slots keine Aufzeichnung vorgesehen war, habe ich mal fix nen Audiorecorder auf den Tisch gepackt. Die Aufzeichnung ist akustisch nicht überragend, aber brauchbar. Hört sie euch an, wenn euch das Thema interessiert, ich werde die Ergebnisse jetzt nicht im Detail wiedergeben. (Ein eher minimalistisches Pad gab es auch.)

Nur so viel: Anscheinend sieht die Mehrheit der Anwesenden keinen dringenden Bedarf, einen Ersatz hochzuziehen, ich auch nicht mehr. Insbesondere stellt sich natürlich die Frage, was ein solcher Ersatz denn überhaupt sein könnte. Diaspora und StatusNet sind eher meh, und jetzt auf die Schnelle was aus dem Boden stampfen ist halt auch nicht drin.

Da die Piratenpartei wohl demnächst ihr eigenes identi.ca bekommt, ist zumindest eine Alternative „für Notfälle“ sichergestellt. Twitter wird sie nicht ersetzen.

Mehrheitsmeinung war stattdessen, dass irgendwann Der Neue Heiße Scheiß™ kommen wird, zu dem die User ganz von selbst wechseln werden (denn zwingen kann man sie eh nicht). Es wäre natürlich cool, wenn die Leute von uns, die sowas können, sich bei der Entwicklung eines solchen Dienstes einbringen könnten. Vielleicht interessiert euch auch das Projekt Social Swarm vom FoeBuD.

Oh, und eins noch: Kontaktiert doch bitte die Entwickler eurer Twitterclients, damit sie Unterstützung für StatusNet bzw. identi.ca einbauen. Die API ist kompatibel, so dass es gar nicht sooo viel Arbeit ist, das zu implementieren. Wir brauchen gute mobile Clients für StatusNet.

Erstellt: 23. 9. 2012, 22:42:02 (CEST)
Tags: German om12 barcamp Twitter API Alternative

Abschlussvortrag forscript

Wer es nicht mitbekommen hat: Ich bin kurz davor, mein Studium abzuschließen. Meine Bachelorarbeit Design and Implementation of a Forensic Documentation Tool for Interactive Command-line Sessions ist abgegeben. Darin entwickle ich das (mehr oder weniger) bekannte Unix-Tool script in modernerem C und für forensische Untersuchungen verwendbar neu. Die resultierende Software, forscript, wurde/wird als freie Software veröffentlicht.

Am Montag (15. März, übermorgen) halte ich von 11—12 Uhr im Raum C116 im Gebäude A 5 der Uni Mannheim (am Lehrstuhl PI1) meinen Abschlussvortrag. Gäste sind willkommen, also schaut einfach vorbei. Falls ihr Zweifel habt, ob ihr die Location findet, holt euch vorher meine Handynummer oder so.

Ich werde eine halbe Stunde lang über Motivation, Design und Implementierung sprechen, danach ist Zeit für Fragen. Die Folien wird es anschließend online geben, ich werde sie in diesem Blogbeitrag verlinken.

Erstellt: 13. 3. 2010, 10:49:10 (CET)
Tags: German forscript Bachelorarbeit Thesis Vortrag Termin

Git 1.7 bricht mit Kompatibilität

Diese Mail habe ich gerade an den Autor von Git 1.7 bricht mit Kompatibilität geschickt. Da sie hilft, den Artikel etwas differenzierter zu lesen (und vor allem, weil ich nicht zulassen kann, dass solcher Unfug unkommentiert bleibt), lass ich euch mal dran teilhaben.

Hallo ane,

(für solche Fälle wären Klarnamen unter den Artikeln übrigens echt praktisch)

nur ein paar kurze Sätze Feedback zum o.g. Artikel:

1.7 behebt unsinniges Verhalten in früheren Versionen. Pushen in oder Löschen von gerade ausgecheckten Branches ist verwirrend, weil Arbeitskopie und Repo anfangen zu divergieren. Mit receive.denyCurrentBranch und receive.denyDeleteCurrent bieten die Entwickler aber weiterhin die Möglichkeit, dieses Verhalten zu gestatten. Wer das wirklich braucht, kann es also weiterhin verwenden. Ergo: Hier wird keine Kompatibilität zerstört.

Dass git status nicht mehr git commit --dry-run entspricht, ist eine Änderung, die vielleicht 20% der User überhaupt wahrnehmen werden, weil die Mehrheit der User nämlich git status ohne Argumente aufruft. Die 20% sind Poweruser genug, um sich in ein paar Minuten an die Änderungen anzupassen. Hier gibt es für einen kleinen Teil der User ein paar Änderungen, die aber wohl kaum einen Bruch mit 1.6 darstellen, und die bei einem Übergang auf eine neue Versionsserie zu erwarten sind.

Der Rest des Artikels beinhaltet auch keine grausamen Inkompatibilitäten, sondern nur Übersetzungen und Formulierungen zwischen Erheiterung und Tischkantenbissen.

Was soll eigentlich „einen Befehl ohne Funktion laufen lassen“ sein?

Was soll eigentlich ein Hilfepfad sein? Wenn der Artikel schon nur daraus besteht, die Release-Notes zusammenzufassen und zu übersetzen, sollte man sich vielleicht erst mal überlegen, was man da gerade an Unsinn zusammentippert. Hint: Mit einem „helper path“ sind Pfade zu Hilfsprogrammen gemeint.

Was soll eigentlich „ein mit der Shell ausgezeichneter Hilfepfad“ sein? Mit der Shell ausgezeichnet? Was?!

Was ist eigentlich „textkonv“? Die deutsche Version von textconv?

Jetzt mal Klartext: Dieser Artikel hat eine Skandalüberschrift auf Bild-Niveau, einen Inhalt den mir Google Translate ähnlich wortgewandt und akkurat hätte geben können und einen FUD-Anteil, den ich von einer Institution wie Heise nicht erwartet hätte. Es wäre klasse, wenn da nachgearbeitet werden würde.

Ich werf diese Mail auch mal auf mein Blog unter http://scytale.name/, nur FYI.

Beste Grüße

Tim Weber.

Update: Der Herr hat mir inzwischen geantwortet. Da ich artig bin (und euren Blutdruck schonen will), veröffentliche ich seine Mail nicht, außer meinen Lieblingssatz: Wie sie gemerkt haben, habe ich mir mit dem Thema schwer getan. Auf Deutsch: Heise Open(!) hat scheinbar keinen, der sich ausreichend auskennt, um die Release Notes eines Stücks Software zusammenzufassen. Vielleicht liegt es natürlich auch daran, dass Git in der Open-Source-Welt total irrelevant ist. Werte Leserschaft, wer jetzt klug ist, verschickt Initiativbewerbungen.

Update 2: Da der Artikel überarbeitet wurde, fehlt inzwischen das Schmankerl Jeder Hilfepfad mit Leerzeichen oder anderen Metazeichen ist dadurch nun mit der Shell auszuzeichnen. Schade eigentlich, das hätte schon fast Meme-Qualitäten. „Zwölfjähriger dänischer Unix-Hacker mit der goldenen Shell ausgezeichnet“ oder so.

Erstellt: 15. 2. 2010, 14:45:53 (CET)
Geändert: 15. 2. 2010, 17:36:34 (CET)
Tags: German Heise Git Rant offener Brief

Automatically pause your MPD on incoming Fritz!Box call

A friend recently told me how great it is to have an Asterisk server at home. One of the reasons was a nice feature he implemented: If a call is coming in (or going out) and his computer is currently playing music, the music will automatically stop and resume after the call ended.

Since I don’t have an Asterisk at home and don’t want one, I was thinking about whether that was possible with my Fritz!Box DSL/WiFi/VoIP combo and MPD as well. Turns out, it is.

I have written a little shell script, fritzmpdpause, that:

  • requires nothing but a POSIX shell (like bash), sed and netcat (and of course MPD running on some host and a Fritz!Box)
  • does not require changes on a Fritz!Box with stock firmware
  • will pause MPD when a call comes in or goes out
  • keeps track of the number of active calls (because you might have more than one) and resumes playing only if none are left
  • does not resume playing if you have during the call manually instructed MPD to stop playing

Get it while it’s hot, post it to Fritz!Box power user forums (I’m not active on any of them) or MPD sites and tell your friends about it!

Erstellt: 29. 1. 2010, 14:16:34 (CET)
Tags: English Fritz!Box HowTo code fritzmpdpause bash shell script MPD mute pause

Retrieve the current (public) WAN IP of a Fritz!Box using cURL and UPnP

If you want to update a DynDNS account, a 6in4 tunnel or similar things that depend on you knowing your “external”, public Internet IP address, you need a way to find out what your current IP address is.

Most people rely on external servers for this task: There a numerous web sites that tell you the IP they see you as, and you can use that information to find out what your address is and therefore also when it changes. The disadvantage of this method is that you need to find the balance between how often the site allows you to query it and how fast you want to update your address. Also, if the site goes down or blocks you or changes its output format, your setup breaks.

I own a FRITZ!Box 7270 home router. These are quite popular in Germany. I don’t want to use one of the “unofficial” firmware images built by the community, so I was looking for a way to retrieve my public IP address from a Linux machine in the easiest way. One could query the box’s web interface, but you’d have to log in and parse HTML and all that stuff, which is rather clumsy. Luckily I found a web site that explains how to access the UPnP service. They are using Netcat to build the UPnP request on their own. But since UPnP is just HTTP with some XML, I thought I could try accessing it via cURL. And it works fine.

This is a one-liner that retrieves the public address via UPnP and runs it through sed to read the reply, because as we know, sed is perfect for parsing XML. ;)

curl -s -H 'Content-Type: text/xml; charset="utf-8"' \
  -H 'SOAPAction: urn:schemas-upnp-org:service:WANIPConnection:1#GetExternalIPAddress' \
  --data-binary '<?xml version="1.0" encoding="utf-8"?><s:Envelope xmlns:s="http://schemas.xmlsoap.org/soap/envelope/" s:encodingStyle="http://schemas.xmlsoap.org/soap/encoding/"><s:Body><u:GetExternalIPAddress xmlns:u="urn:schemas-upnp-org:service:WANIPConnection:1" /></s:Body></s:Envelope>' \
  http://169.254.1.1:49000/upnp/control/WANCommonIFC1 | \
  sed -n -e 's#^.*<NewExternalIPAddress>\(.*\)</NewExternalIPAddress>.*$#\1#p'

Should the Fritz!Box not be connected to the Internet at all, the address 0.0.0.0 will be returned. The command takes advantage of the fact that a Fritz!Box always binds to 169.254.1.1.

Erstellt: 11. 1. 2010, 10:26:17 (CET)
Geändert: 11. 1. 2010, 11:55:46 (CET)
Tags: English Fritz!Box HowTo public WAN IP cURL

Kaffeefahrt mit Wasser

Oder: „Was passiert, wenn man Hacker auf eine Esoteriker-Werbeveranstaltung schleppt“

Da einige Leute Interesse an dieser unterhaltsamen Geschichte gezeigt haben, denen es leider nicht vergönnt war, dabei zu sein, veröffentliche ich das hier nochmal. Für eventuelle Verworrenheit des etwas in Eile geschriebenen Textes möchte ich mich im Voraus entschuldigen.

Es begab sich am 17.11., dass oqlt sich nicht zum allwöchentlichen Treff nicht am üblichen Ort einfand, sondern an einer Adresse in der Mannheimer Oststadt, in Räumlichkeiten der Firma Strobel&Strobel. Ein Mitgliedsanwärter hatte uns an den Sitz dieser mit ihm befreundeten Firma eingeladen, um uns seine Stiftung vorzustellen. Aber der Abend sollte ganz anders werden…

In der zu den Geschäftsräumen der S&S umgebauten Hochparterre-Wohnung saßen in einer Art Besprechungs-/Seminarzimmer, das fast vollends von einem größeren Tisch in Anspruch genommen wurde, bereits einige oqltler (ich war, wie üblich, zu spät). Auch ein Notebook und ein Beamer waren aufgebaut. Und da kam dann auch die Überraschung: Statt Folien zu der Stiftung, die der Neue uns ja vorstellen wollte, beschäftigte sich das Titelblatt auf dem wartenden Notebook mit einer Präsentation über Wasserqualität und Gesundheit.

Es dauerte ein paar Minuten, bis sich auch zu mir der durch leises Tuscheln und Grummeln übertragene Eindruck manifestierte, dass die Anwesenden sich nicht so ganz sicher waren, ob der offensichtlich folgende Vortrag sich übermäßig mit ihren Interessen decken würde.

Einige Zeit später kamen noch andere, mir völlig unbekannte Teilnehmer hinzu, und ich musste überrascht als einzige Möglichkeit in Betracht ziehen, dass wir hier auf einer Veranstaltung waren, bei der es mitnichten um die Stiftung oder auch nur um oqlt ging, sondern dass es sich um eine Werbe- und Verkaufsveranstaltung für Umkehr-Osmose-Filter für Trinkwasser handelte.

Wir saßen auf einer Kaffeefahrt.

Niemand — niemand! — von uns ließ sich durch die zusammenhangslos und unprofessionell vorgetragenen Halb- bis Viertelwahrheiten zum Thema „warum deutsches Trinkwasser gefährlich ist“ auch nur ansatzweise beeindrucken. Ich persönlich hätte mir den Vortrag kommentarlos angehört, genauso wie ich mir einen NPD-Parteitag kommentarlos ansehen würde: Nicht dass ich mich überzeugen lassen würde, aber man muss ja auch mal hören, was es so an exotischen, ähm, „Meinungen“ auf der Welt gibt.

Andere Teilnehmer waren da nicht so stoisch. Ein gewisses oqlt-Mitglied, das ich in Folge mit U abkürzen möchte, nutzte sein Netbook, um den vorgebrachten Behauptungen live hinterherzugooglen. Sein erster Hinweis kam nach vielleicht fünf Minuten: Dass die erwähnte UNO-Studie (oder war’s die WHO?) zur Wasserqualität in Deutschland von der UNO selbst als katastrophal fehlerbehaftet zurückgezogen worden ist. Die vortragende Dame zeigte sich überrascht und gelobte, die Folie ab sofort nicht mehr zu verwenden.

Das war aber erst der Anfang, und es entwickelte sich im Laufe des Vortrags zu einem unterhaltsamen kleinen Privatkrieg zwischen U und der Referentin.

Zwischenzeitlich bekamen wir allerhand interessante „Beweise“ für die Notwendigkeit eines solchen Wasserfilters präsentiert. Beispielsweise zwei Glastassen mit Tee, von denen der eine eher milchkaffeeartig trüb, der andere klar. Ersterer, so die Legende, wurde mit Leitungswasser gemacht, der zweite mit „gereinigtem“ Leitungswasser. Natürlich standen die Tassen bereits im Raum, als wir angekommen sind, niemand konnte diese Zubereitungsbehauptung überprüfen.

Spaßig auch der Elektrolyse-Versuch: Zwei Gläser mit Wasser (einmal ungefiltert, einmal gefiltert, was sonst). In das erste wurden zwei der vier Stabelektroden, die an einem schwarzen Kästchen befestigt waren, gehalten und das Kästchen eingeschaltet. Was genau es tut konnte uns die Referentin (übrigens ihrer eigenen Aussage nach „Medizinerin“, im konkreten Fall MTA, was ja quasi fast einem Doktortitel entspricht) nicht erklären, aber es macht irgendwie das Metall im Wasser sichtbar. Im Leitungswasserglas bildeten sich nach Sekunden massenweise grünliche Ausflockungen der Geschmacksrichtung „umgekippter See“, im „gereinigten“ Glas deutlich weniger. Folgerung: Das grüne Zeug nimmt man mit jedem Glas Leitungs- und Mineralwasser ungefiltert zu sich.

Wer in Chemie besser aufgepasst hat als ich, wird bereits wissen, dass das absoluter Bullshit ist, alle anderen können nachlesen, dass der Kram eigentlich von den Elektroden stammt und wegen der besseren Leitfähigkeit des ungefilterten Wassers erhöht ausflockt. Interessant übrigens ist die Google-Suche nach „elektrolyse gerät“: Die ersten drei Treffer beschäftigen sich mit dem Thema Wasserfilter-Verkauf. Als würde man sonst nirgends Elektrolyse machen.

Naja, das Ganze endete an so, dass die Referentin nach der Vorstellung des Multi-Level-Marketing-Geschäftsmodells „ihrer“ Firma Aqua Global International gar nicht erst zum Verkaufsgespräch kam. Stattdessen fragten die Anwesenden unseren U, der zwischendurch allerlei Einwürfe zu den Ausführungen der Dame gemacht hatte (die sie in keinem Fall widerlegen konnte), etwas verwirrt und ängstlich über die Wirksamkeit ihrer bislang geschätzten Wundermittel wie Homöopathie und Aura-Ringe (oder so ähnlich) aus. Die Vortragende regte sich noch ne Runde darüber auf, dass sie ja hier ihre Freizeit (sic!) opfern würde und dass unser Verhalten ja ne Frechheit wäre; wir regten uns noch ne Runde darüber auf, dass ihr Elektrolysegerät lebensgefährlicherweise quasi direkt die Netzspannung auf die Elektroden legt; schließlich entschied man dann, die Veranstaltung an diesem Punkt zu beenden und uns (und alle anderen Teilnehmer) unfreundlich aber bestimmt vor die Tür zu setzen.

Alles in allem hatten wir nen unterhaltsamen Abend und sind mit einer der Teilnehmerinnen noch was trinken gegangen und haben sie darüber aufgeklärt, dass man nicht alles kaufen muss, was irgendwie new-agey klingt.

Erstellt: 24. 11. 2009, 14:05:23 (CET)
Tags: German Multi-Level-Marketing aqua-global Anekdote

Jedem seine Wikipedia

Hinweis: Dieser Blogbeitrag ist auch als gesprochene MP3-Datei (ca. 10 MB, ca. 20 min) verfügbar. Wer lieber hört als liest findet das sicher praktisch. ;)

Die Wikipedia in ihrer jetzigen Form wird abgeschafft.

Spätestens wenn man sich die heutigen Löschkandidaten ansieht, von denen fünf direkt hintereinander vom gleichen Benutzer eingereicht wurden und die sich alle gegen CCC-Themen richten, wird klar, dass hier eine Drohung gegen kritische Stimmen ausgesprochen wird, die da lautet: „Wenn ihr euch gegen die Allmacht der Wikipedia erhebt, löschen wir euch und alles was euch lieb und teuer ist aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschheit.“ Dabei wird über Jahre gesammeltes Wissen absichtlich vernichtet.

Rückblick. Das Ganze geht am 24. September diesen Jahres los, als ein Löschantrag für „Tschunk“, ein in CCC-Kreisen recht beliebtes Mischgetränk, gestellt wird — übrigens vom selben Benutzer, „Weissbier“, wie im vorherigen Absatz. 15 Tage später fällt die Entscheidung: Der Artikel wird gelöscht, weil seine Relevanz in den Augen der Admins nicht ausreichend dargelegt wurde. Gleichzeitig entbrennt eine neue Löschdiskussion, diesmal über den Verein „MOGiS“, der in der Debatte über das Zugangserschwerungsgesetz eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat. Sieben Tage später wird auch dieser Artikel gelöscht. Es entbrennt eine Debatte in den Blogs, die bis heute andauert.

Kurzer Einwurf: Ich linke hier absichtlich auf die zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Blogbeitrages aktuellen Revisionen von Wikipedia-Seiten, um meinen Kenntnisstand während dem Verfassen widerzuspiegeln.

Bereits vorgestern hat Weissbier einen Löschantrag für „What The Hack“, das Hackercamp 2005, gestellt. Dieser Löschantrag wurde heute mit einem gegen die Wikipedia-Konferenz „Wikimania“ erwidert, und womöglich als Folge davon rächte man sich mit den eingangs erwähnten CCC-Themen-Löschanträgen.

Machen wir mal einen Schritt zurück und sehen uns mal etwas distanzierter an, was hier läuft. Auf Basis einer hoch emotionalen Debatte bewerfen sich Leute gegenseitig mit Dreck und versuchen, sich mit maximierter Wucht gegen den virtuellen Karren zu fahren. Man bekommt fast den Eindruck, das „Wiki“ in Wikipedia stünde, wie andernorts behauptet, wirklich für „wie im Kindergarten“. Was macht man da jetzt?

Es galt im Internet aufgrund der dezentralen Struktur schon immer der Grundsatz „wenn dir was nicht passt, mach dein eigenes auf“. Und in der Tat gibt es einige Forks und Alternativ-Wikipedien. Diese leiden im Normalfall darunter, dass sie weit weniger aktive Mitarbeiter und Ressourcen haben als die Wikipedia. Ein weiterer Fork kann da doch unmöglich die Lösung sein — oder doch?

Meiner Meinung nach zeigt die momentane Debatte vor allem das uralte Problem, dass man es nicht allen recht machen kann. Es gibt Leute, die dieses oder jenes in der Wikipedia haben wollen, und andere eben nicht. Die beste Lösung wäre wohl, dass jeder seine eigene Wikipedia hat.

Und genau das ist mein Vorschlag.

Wie ihr wisst, arbeite ich momentan an einem Projekt namens Levitation, mit dem man Dumps der Wikipedia-Software (also quasi ein Backup aller Versionen aller Artikel) in ein Git-Repository umwandeln kann. Git ist ein verteiltes Versionskontrollsystem. Mit so einer Software arbeiten normalerweise Programmierer, um ein Protokoll ihrer Arbeit zu haben (und jederzeit zu einem früheren Stand zurückkehren zu können) und diese Arbeit mit anderen auszutauschen. Wer mehr darüber erfahren will, Tim und hukl haben das sehr gut erklärt.

Eigentlich macht Git also so ziemlich genau das, was in der Wikipedia nötig ist: Mehrere Versionen von Texten speichern können, mit der Möglichkeit, ältere Versionen abzurufen, zu vergleichen und wiederherzustellen. Git kann noch einiges mehr, was MediaWiki (die Software, auf der die Wikipedia basiert) nicht kann, zum Beispiel Konflikte zwischen den Änderungen mehrerer Benutzer automatisch beheben. Und MediaWiki kann einiges, was Git nicht kann (und wofür es auch nicht gedacht ist), zum Beispiel bunte Bilder anzeigen oder Wikisyntax interpretieren. Aber im Prinzip könnte man MediaWiki, so wie wahrscheinlich jede andere Wikisoftware auch, so umbauen, dass sie keine MySQL-Datenbank mehr für die Datenhaltung benutzt, sondern Git. Aber das ist nicht mein Vorschlag. Mein Vorschlag hat was mit dem Entwicklungsmodell, das verteilte Versionskontrollsysteme (distributed version control systems, DVCS) ermöglichen, zu tun.

Die Dinger heißen nämlich deshalb „verteilt“, weil es keinen zentralen Server gibt, der sämtliche Daten vorhält. Stattdessen hat jeder Entwickler eine vollständige Kopie der Entwicklungsgeschichte, und keiner ist wichtiger als andere. Als Folge daraus ist es ausschließlich Konvention, welches der vielen Repositories denn jetzt „das Echte“ ist. Beim Linux-Kernel ist es das von Linus Torvalds, aber das muss nicht so sein. Wenn Linus plötzlich drei Jahre ins Gefängnis müsste, könnte jederzeit jeder der anderen Entwickler übernehmen und sagen „ich bin jetzt der neue König“.

Und warum passiert das nicht ständig? Weil es da nämlich eine Kontrollinstanz gibt. Parteien würden sie „die Basis“, Verfassungsrechtler „das Volk“ nennen. Sagen wir einfach „Leute“ dazu. Und diese „Leute“ entscheiden, ob sie den neuen König akzeptieren oder nicht. Nicht über irgendwelche Instrumente wie Wahlen oder so, sondern einfach, indem sie ihm folgen oder nicht. Auf das Entwicklerbeispiel übertragen: Indem sie seinen Code verwenden und seine Entscheidungen respektieren — oder eben nicht. Demokratischer geht nicht.

Und wie funktioniert das jetzt auf Wikipedia-Ebene? Ich erklär’s euch. Nennen wir unsere neue Wikipedia einfach mal Omnipedia, weil sie alles wissen und für alle da sein soll.

Fangen wir gleich mal mit nem Kracher an: Jeder hat seine eigene Omnipedia. Noch nicht mal zwingend auf dem eigenen Rechner, so wie man das bei Git ja eigentlich erwarten würde. Stattdessen hat die Omnipedia eine Serverfarm, die zigtausende Artikel in Millionen Revisionen vorhält. Jede dieser Revisionen hat eine sie eindeutig identifizierende Nummer, eine ID, so wie in Git jede Datei (jeder „Blob“) eine eindeutige ID hat. Wenn jemand eine neue Revision anlegt, bekommt diese eine neue ID und wird im System abgelegt. Wenn zwei Benutzer gleichzeitig den selben Artikel bearbeiten, werden beide Artikel abgelegt. Bearbeitungskonflikte gibt es nicht mehr, denn jeder stellt sich seine Omnipedia selbst zusammen; wenn man einen Artikel bearbeitet, so taucht dieser anfangs auch nur in der eigenen Omnipedia auf. Damit gibt es auch automatisch keinen Vandalismus mehr, denn niemand bekommt die vandalisierten Seiten mehr zu sehen.

Wie geht das jetzt technisch? Nun, bei jeder Änderung, die jemand durchführt, wird ein neuer „Schnappschuss“ der Omnipedia dieser Person angefertigt. Einen solchen Schnappschuss nennt man in der Git-Terminologie „Commit“. In einem Commit steht, welche Artikel sich zu diesem Zeitpunkt in der Omnipedia des Nutzers befunden haben, angegeben durch deren eindeutige ID. Außerdem steht in einem Commit noch, auf welchem vorherigen Commit er basiert, und natürlich wer ihn angelegt hat und wann. Damit kann man sich also in der Zeit zurückhangeln und sehen, welche Änderungen der Benutzer in seiner Omnipedia durchgeführt hat. Und da jede Änderung an einem Artikel in einem Commit endet, der sie referenziert, kann man so auch die verschiedenen Versionen eines einzelnen Artikels zurückverfolgen. Jeder dieser Commits hat ebenfalls eine eindeutige ID. Und daraus folgen einige interessante Dinge: Ich könnte beispielsweise sagen „die Omnipedia 8e8ce9a0cd15ee6217a08d91b60165ff8fa242c0“ (wobei die lange Zahl eine Commit-ID ist, also müsste der Satz eigentlich „der Omnipedia-Commit 8e8ce9a… heißen“) und hätte damit einen ganz bestimmten Stand aller sich in der Omnipedia dieses Benutzers zum Zeitpunkt des Commits befindlichen Artikel bestimmt. Und die gesamte Bearbeitungshistorie, bis zurück zu dem Punkt, an dem es nur einen einzigen Artikel in der Omnipedia gab.

Okay. Jeder arbeitet also in seiner eigenen Omnipedia vor sich hin, niemand kommt einem in die Quere, weil niemand Schreibrechte in die eigene Omnipedia hat. Und wie funktioniert dann Kollaboration? Es kann ja nicht der Sinn sein, dass jeder die Wikipedia für sich alleine neu schreiben muss.

Jetzt kommt diese Geschichte mit den Königen ins Spiel, die ich vorhin bei Linux erwähnt habe. Nur dass es nicht einen, sondern viele gibt. Und zwar kann sich jeder ein paar Leute aussuchen, deren Arbeit er für gut befindet. Alle Änderungen, die diese Personen an ihren jeweils eigenen Omnipedien machen, werden entweder vollautomatisch in die eigene übernommen, oder nach vorheriger Rückfrage. (Git-Nutzer erkennen das Schema wieder: Man pullt gute Sachen von anderen Leuten.) Und wer jetzt verwirrt sagt „aber dann muss ich ja tausenden Leuten followen, um eine halbwegs vollständige Omnipedia zu haben“, der hat den Knackpunkt noch nicht verstanden: Die Leute, denen du followst, followen ihrerseits wieder guten Leuten. Und so weiter. So ergibt sich eine Art „Hierarchie von Geschmäckern“ von Leuten, die mit dem, was sie in ihrer Omnipedia haben wollen, halbwegs in die gleiche Richtung driften. Quasi ein Klumpen von Leuten, wobei sich die Klumpen natürlich untereinander vermischen und eigentlich auch keine fest definierten Grenzen haben. Man könnte das „chunksourcing“ nennen.

So könnte ich beispielsweise meinen kompletten Freundes- und Bekanntenkreis als „Könige“ in meine Liste aufnehmen und mir deren Änderungen holen. Einer von denen ist vielleicht etwas arg paranoid, deshalb lege ich fest, dass ich seine Änderungen erst manuell durchsehen will, bevor ich sie übernehme. Meine Omnipedia zeigt mir deshalb eine Liste seiner Änderungen, die ich übernehmen, ablehnen oder darauf aufbauend wieder ändern kann, so wie GitHubs Fork Queue. Besonders verrückte Verschwörungstheorien übernehme ich dann einfach nicht, und schon stelle ich für so einige Leute wieder einen Mehrwert dar, bin eine Art „Filter“. (Ich könnte übrigens auch die Änderungen meines Paranoikers blind übernehmen und bei Problemen einfach im Nachhinein wieder rückgängig machen.)

Und damit wären wir gleich beim nächsten Thema. Relevanzkriterien. Die Omnipedia hat keine. Denn was relevant ist und was nicht, entscheidet die Masse der Leute. Was sich durchsetzt, ist relevant. Und was nur für einen kleinen Klumpen relevant ist, ist halt nur in den Omnipedien dieser Leute.

Natürlich muss es auch ein paar Admins geben, die Urheberrechtsverletzungen und die Telefonnummer der von irgendeinem Nutzer verhassten Nachbarin löschen. Aber abgesehen davon gibt es kaum administrative Tasks. Vandalismus existiert nicht mehr, Seiten umbenennen und löschen können die User selbst (natürlich in ihrer eigenen Omnipedia). Stattdessen konzentriert sich jetzt die Arbeit aller Nutzer auf das Verbessern von Artikeln und das Übernehmen guter Änderungen. Die Änderungen neuer Nutzer, die noch keine „Freunde“ haben, werden übrigens auf einer extra Seite angezeigt, eine Art gefilterte „Letzte Änderungen“, und können von interessierten Nutzern geprüft und übernommen werden.

Und so wird es mehrere verschiedene Strömungen in der Omnipedia geben, insbesondere in Hinblick auf den berühmten neutralen Standpunkt. Es wird eine Gruppe geben, die eher linke Ansichten in den Artikeln hervorhebt und eine, die eher rechte Ansichten bevorzugt. Nerds, die die Frisur von Captian Picard in jeder Folge Star Trek akribisch dokumentieren. Und aber auch viele, die der Meinung sind, eine Enzyklopädie müsse sich neutral verhalten und belegbare Fakten dokumentieren. Je mehr Leute dieser Meinung sind, desto mehr werden diese Inhalte übernehmen, desto weiter werden sich diese Inhalte über die Omnipedias verteilen.

Bleibt die Frage: Welche Omnipedia kriegen neue Leute zu sehen, die noch gar keine Freunde für sich ausgewählt haben? Man könnte ihnen beispielsweise fünf Personen vorschlagen, die von vielen gewählt wurden, zusammen mit (von anderen geschriebenen) Kurzzusammenfassungen, was die Omnipedia dieser Person besonders auszeichnet. Oder man zeigt zu jedem Artikel diejenige Fassung an, die sich in den meisten Omnipedias befindet. Oder weist auf mehrere Alternativfassungen hin. Und es gibt sicher noch einige brauchbare Möglichkeiten, die mir gerade nicht einfallen.

Und was hat das jetzt alles mit Git zu tun? Naja, die Community hinter Git ist enorm. Die Qualität und Modularität der Software ist hervorragend, man kann nahezu alles damit basteln, und die Performance ist atemberaubend. Aber vor allem halte ich Git-Repositories für ein sehr gutes Austauschformat für die Daten der Omnipedia. Man könnte sich Omnipedias auf sein Notebook herunterladen, in der Versionsgeschichte stöbern, Analysen machen, offline neue Artikel committen und später problemlos und konfliktfrei wieder hochladen. Eine einmal heruntergeladene Omnipedia wird mit einem simplen „git pull“ zeitsparend aktualisiert. Und, was nicht zu unterschätzen ist: Man ist nicht darauf angewiesen, dass dieses Webportal, das „die Omnipedia“ für die meisten Leute darstellt, existiert. Wenn die irgendwann mal anfangen, sich seltsam zu benehmen, Artikel zu löschen oder einfach offline gehen, kann jederzeit von überallher ein neuer König kommen.

Soweit meine Ideen. Und als wäre dieser Beitrag nicht schon lang genug, erkläre ich jetzt auch noch, warum ich einige der Ideen, die andere vorgeschlagen oder an mich herangetragen haben, für nicht so sinnvoll halte.

Allen voran die relativ populäre Idee, eine Software zu bauen, die dann auf dem eigenen Server läuft und mit der man seine eigene Fassung von Artikeln online bringen kann. Nutzer können sich dann durch diese Pseudo-Wikipedia klicken, und alle Artikel, die man lokal nicht verändert hat, werden von der „echten“ Wikipedia geholt und gecached. Das hilft in meinen Augen aber nicht. Denn das ist kein Fork, sondern ein Overlay. Und er hat so einige Probleme. Erstens wird man so nie die ganze Wikipedia lokal haben. Man läuft Gefahr, dass Artikel, die man noch nicht importiert hat, in der Zwischenzeit bereits gelöscht werden. Und man kriegt eklige Konflikte, wenn einige der lokal veränderten Artikel in der Wikipedia aktualisiert werden.

Das Hauptargument für diese Idee ist ja, dass man zu Anfang nicht so viel Ressourcen aufwenden müsste. Schon richtig, aber zu kurz gedacht. Mein Ziel ist es, mich so schnell wie möglich vom zentralistischen Konzept der Wikipedia zu entfernen, und nicht auf Monate oder Jahre noch von deren guten Willen abhängig zu sein. (Bis die ursprüngliche Wikipedia dichtmacht ist auch problemlos ein 2-Wege-Sync denkbar.) Dass jeder, der mitmachen will, gleich irgendwie nen fetten Server und terabyteweise Speicher braucht, stimmt auch nicht. Die deutsche Wikipedia ist, mit voller History, komprimiert 70 GB groß. In etwa in dieser Größenordnung sollte sich auch das Git-Repository bewegen. Und wenn man die History nicht braucht, kann man shallow clonen und braucht noch weniger Platz. Aber, wie ja oben skizziert, es muss gar nicht jeder eine Kopie der Daten haben. Der Punkt ist: Es soll jeder die Möglichkeit haben, es zu tun, wenn er denn will. Und momentan sind die Daten, die die Wikipedia anbietet, recht dürftig. (Von der englischen gibt es übrigens schon seit einem Jahr keine Dumps mehr.) Und Git ist nun wirklich das beste Tool für diese Aufgabe.

Dann gab es da noch den Vorschlag, gelöschte Artikel in einer Deletionpedia zu archivieren. Damit sind sie aber nicht mehr im Kontext der Wikipedia und können nicht mehr sinnvoll verlinkt werden. Auch Verschiebungen in andere Namensräume oder Änderung der Sichtbarkeit von gelöschten Artikeln (z.B. dass angemeldete Nutzer gelöschte Artikel sehen können) sind ziemlich hässliche Workarounds im Vergleich zu den Möglichkeiten, die eine Omnipedia nach meinem Vorschlag bietet.

So. Jetzt aber erst mal genug Blabla. Ich widme mich jetzt weiter dem Coden an Levitation. Aber eins möchte ich noch loswerden: Ich habe die ganze letzte Woche eigentlich nichts anderes gemacht als gecodet und diskutiert, obwohl ich eigentlich ein Studium abzuschließen habe und mein Konto auch kurz davor ist, neue Nullstellen zu definieren. Aber diese Wikipedia-Sache ist einfach zu dringend und wichtig, um sie zu ignorieren. Weil mir nämlich wirklich was liegt am „Wissen der Menschheit“. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich die Leute, denen meine Arbeit gefällt, überlegen, ob sie mir nicht was zurückgeben wollen. Vielleicht haltet ihr Levitation dieses Jahr ja für unterstützenswerter als die Wikipedia, die gerade wieder ihre jährliche Spendenaktion gestartet hat. Gutscheine bei Amazon wären klasse, beispielsweise für mehr Plattenplatz zum Testen. Im Gegensatz zu PayPal, die beim Geldempfang Gebühren kassieren, kommen die nämlich 1:1 an. Was natürlich niemand von PayPal abhalten soll. Hier findet ihr meine Mail- und Postadresse, hier meine Wunschliste und nen PayPal-Button. Oder schaut euch die alternativen, nichtmateriellen Möglichkeiten an, wie man Levitation unterstützen kann. Ich bin normalerweise echt kein Schnorrer, aber diesmal halte ich es wirklich für vertretbar, mal freundlich um ein kleines Dankeschön zu bitten.

Und ich sage meinerseits nochmal Danke an diejenigen, die mich momentan unterstützen; materiell, ideell oder einfach dadurch, dass sie Interesse zeigen. Gemeinsam hieven wir die Wikipedia auf eine neue Ebene.

Erstellt: 11. 11. 2009, 23:58:43 (CET)
Geändert: 12. 11. 2009, 11:41:32 (CET)
Tags: German Wikipedia Relevanz Git Levitation Omnipedia DVCS

Announcing Levitation: Wikipedia into Git

Update: Check out the Levitation Wiki.

The last three days I have worked like crazy on a new project, and I’m happy to release its first usable version to the public now. The software is called Levitation and its purpose is to convert a MediaWiki database XML dump into a Git repository — including the complete history.

Why would I want to do that? Because of two reasons. First, Git simply rocks, and I wanted to see whether it can be done.

Second, and more important: There is currently a nerd uprising against the German Wikipedia and the exclusionist attitude that’s prevalent there. Quite a lot of people are talking about the possibility of forking. People like me. People from the CCC. That is, people who actually have the knowledge and resources to do it.

Since maintaining a fork using the current MediaWiki software is pretty hard to do, this is an experiment whether a distributed approach would be better. A system like Git makes it trivial to merge changes made in other forks into your own one (and vice versa). For example, it would be no problem for a single person to maintain a fork of the whole Wikipedia and keep it up-to-date, while having additional articles that would probably get deleted in the “upstream” Wikipedia.

If this system succeeds, we might be seeing not one, but 5 to 20 different “flavors” of Wikipedia soon, each with its own focus. Not every flavor will be useful to more than a handful of people, but the best ones will succeed. And if one starts to misbehave, the others can easily take its place.

Who knows, maybe there will even be some kind of WikiHub where people can maintain their own modifiactions to the mainstream Wikipedia, without requiring the massive amounts of servers the current, centralistic Wikipedia has.

Erstellt: 6. 11. 2009, 15:10:19 (CET)
Geändert: 29. 11. 2009, 14:51:40 (CET)
Tags: English software FLOSS Levitation Wikipedia MediaWiki Git convert

Der Boykott der 42

Wie erwähnt hat der Wikimedia Deutschland e.V. ja aus einer als „offene Diskussion“ angekündigten Veranstaltung über die aktuell recht emotional geführte Relevanzdebatte inzwischen eine Podiumsdiskussion gemacht, zu der man nur kommen darf, wenn man vorher um Erlaubnis fragt (und diese auch bekommt). Und gerade eben fiel dann auch die Zahl, wie viele zu diesem Kreis der Auserwählten gehören: 42 Leute.

Gemessen an der Masse der Berichterstattung zu diesem Thema, unter anderem ja auch in den von der Wikipedia ach so geschätzten „alten Medien“, ist das wohl nur ein sehr geringer Bruchteil der tatsächlich am Thema interessierten Personen.

Während Tim findet, dass unter diesen Bedingungen die CCC-nahen Podiumsteilnehmer die Veranstaltung boykottieren sollten, geht meine Forderung ein Stück weiter: Ich meine, dass alle Teilnehmer daheim bleiben sollten.

Pavel Richter, seines Zeichens Geschäftsführer von Wikimedia Deutschland, versteht die Aufregung nicht: Es hätten sich nur 42 Leute angemeldet. Was also bedeutet, dass man allen, die kommen wollten, zugesagt hat. Wo ist also das Problem?

Damit Pavel nicht dumm stirbt, möchte ich ihm — und euch — ein paar Punkte vor Augen halten.

Erstens finde ich dieses nachträgliche Betonen von „es haben sich nur 42 angemeldet“ ziemlich heuchlerisch. Denn wie Pavel selbst schreibt: Damit haben wir die Kapazität unserer Räumlichkeiten erreicht. Auf Deutsch: Dass sich bis zum heutigen Anmeldeschluss genau die von der Wikimedia maximal erlaubte Anzahl Personen gemeldet hat, ist reiner Zufall. Hätten bereits vor drei Tagen schon 42 Leute Interesse gezeigt, wäre eben damals schon Schicht im Schacht gewesen. Sich jetzt hinzustellen und zu behaupten, es wollten einfach nicht mehr Leute mitdiskutieren, ist eine Verdrehung der Tatsachen.

Denn, und damit sind wir bei Punkt zwei: Ich glaube, dass die „Dunkelziffer“ an Interessenten weit, weit höher ist. Allein schon in Anbetracht der Wellen, die das Thema im deutschsprachigen Internet geschlagen hat. Aber warum melden sich diese Interessenten dann nicht an? Nun, wahrscheinlich aus den selben Gründen wie ich.

Erstens: Berlin. Ja, ich weiß, alle coolen Netzaktivisten wohnen da und überhaupt. Aber man hätte es den armen Landeiern, die nicht in der Hauptstadt wohnen, auch mal etwas einfacher machen können. Zum Beispiel indem man den Termin etwas längerfristig ankündigt als sieben Tage vorher. Damit sich die Berufstätigen unter uns zwei Tage Urlaub nehmen können. Oder man einfach etwas längerfristiger planen kann.

Zweitens: Der Termin an sich. Donnerstagabend? Das hieße für mich, am Donnerstagmorgen nach Berlin fahren zu müssen, damit ich halbwegs pünktlich da bin. Darüberhinaus brauche ich in Berlin dann eine Unterkunft, weil man nach Ende der Veranstaltung wohl eher unterdurchschnittlich gut nach Hause kommt und das eigentlich sowieso nicht will, sondern stattdessen mal duschen und ein Bett sehen. Also Freitagmorgen heim und Freitagabend daheim sein. Macht, je nach persönlicher Geizigkeit und Komfortbedürfnis, irgendwas um die 100 oder 200 Euro allein an Ausgaben; Verdienstausfall für zwei Tage Unterwegssein noch nicht mit einberechnet. Günstiger würde es vielleicht mit den Sparpreisen oder dem Wochenend-Ticket der Bahn. Aber ach!, es ist ja Donnerstag.

Drittens, und der wichtigste Grund: Werter Pavel, nach der initialen Ankündigung dieser Geschichte als Podiumsdiskussion mit elitärer Auslese ist den meisten von uns einfach sowieso die Lust vergangen! Es hat nämlich sehr schön die Attitüde gezeigt, mit der ihr das Problem unter den Teppich kehren wollt. Für die Langfassung verweise ich auf den eingangs erwähnten Vorgängerpost, die Kurzfassung ist: Wir wollen diskutieren und nicht vier Leuten beim Diskutieren zuhören! Denn für letzteres reicht auch der von euch gnädigerweise zur Verfügung gestellte Stream. (Sogar mit Video! Wow! Und das 2009!) (Von dem ich sowieso prophezeie, dass er, sofern die Veranstaltung überhaupt stattfindet, keine 10 Minuten funktionieren wird.)

Wir werden nicht an einer PR-Veranstaltung teilnehmen, bei der es nur darum geht, Schadensbegrenzung zu betreiben.

Und wenn ihr jetzt noch weiter auf die Tränendrüse drückt, platzt mir aber gleich die Hutschnur: […] weitere Veranstaltungen gerne, mit mehr Vorlauf, Raum & Teilnehmern — wie bitte?! Wer hat denn den Termin so scheiße anberaumt, wir oder ihr? Mannmannmann.

Leute, bleibt daheim. Es rentiert sich nicht. Erst mal müssen wir warten, bis die Wikipedia überhaupt einsieht, Fehler zu begehen.

Übrigens, auf dem 26C3 wird das Thema auch behandelt werden. Und mit Sicherheit um einiges konstruktiver. Ob nach dem Geschmack der Wikipedia ist allerdings fraglich.

Erstellt: 3. 11. 2009, 11:39:10 (CET)
Tags: German Wikipedia Relevanz Diskussion Farce

Raabra Streisand

Gestern lief auf ProSieben Schlag den Raab, und ich hab’s mir angetansehen. Es war so grottig langweilig und von schlechter Musik und exzessiven Werbeblocks durchsetzt, dass ich mich echt auf die nächsten Jahre freue, in denen ProSieben und Sat.1 Bezahlsender werden wollen. Das wird ein Flop, wie wir ihn seit Premiere nicht mehr erleben durften.

Aber ich will hier gar nicht TV-Kritik betreiben, sondern möchte den Streisand-Effekt heraufbeschwören.

Der unumstritten unterhaltsamste Moment gestern war nämlich das Spiel, bei dem die beiden Kandidaten einen Fußball über eine hoch gelegene Latte kicken mussten. Nicht weil das Spiel so spannend gewesen wäre, sondern weil Stefan Raab vor seinem zweiten Schuss, während er sich den Ball zurechtlegte, deutlich hörbar in die Kamera furzte.

Bei Twitter ging’s daraufhin ziemlich ab: Die Leute amüsierten sich köstlich über diesen „Ausrutscher“. Und natürlich war zu erwarten, dass dieser Ausschnitt innerhalb kürzester Zeit auf YouTube zu finden sein würde. Und so kam es dann auch.

Als ich heute Morgen allerdings mal schaun wollte, wie viele Aufrufe das Furzvideo jetzt schon hat, war ich dann doch sehr überrascht: Es war weg.

This video is no longer available due to a copyright claim by Brainpool.

Die Produktionsfirma hat das Video also offline nehmen lassen und schiebt das Copyright vor.

Klar haben sie ein Copyright auf jeden Furz das Material. Aber dass man jetzt diesen unterhaltsamen Aus-Shit Ausschnitt jetzt entfernen lässt, wirft natürlich die Frage nach dem Warum auf.

Entweder Raab versteht bei seinen Ausdünstungen keinen Spaß und möchte diese Peinlichkeit aus der Welt schaffen. Das fänd ich natürlich ziemlich arm, da er selbst sich exzessiv und schamlos bei den Missgeschicken anderer bedient.

Oder aber man möchte den Ausschnitt selbst vermarkten; bei TV total am Montag und dann als Handyvideo, Klingelton und weißdergeier. Dann fänd ich es natürlich ziemlich arm, dass Raab, der sich selbst ausgiebig im Netz bedient, es nicht einsieht, auch mal was zurückzugeben.

So oder so ist es also ziemlich arm. Von daher, Brainpool und ProSieben: Macht euch mal Gedanken darüber, ob es sinnvoll ist, bei sowieso schon krass sinkenden Zuschauerzahlen auch noch gegen die eigenen Fans vorzugehen. So macht man sich keine Freunde. Aber das habt ihr offenbar auch nicht vor. Allein schon euer Twitteraccount zeigt, dass ihr das Prinzip „Zuschauerbindung“ nicht verstanden habt. Es geht nicht darum, nur Werbung zu machen, positive Meinungen zu retweeten und kritische Fragen zu ignorieren. Ihr seid unglaubwürdig, aalglatt und schleimig, und ich für meinen Teil kann euch daher nur wünschen, auf ganzer Linie zu versagen. Damit ihr mal versteht, dass es so nicht geht.

Übrigens, wer das Video noch auf seiner Platte hat: Bei YouTube kann man auch mit Wegwerfadressen Accounts eröffnen. Und so Leute wie der CCC, Netzpolitik oder Wikileaks haben auch die Eier, um solche kontroversen Dateien trotz Klageandrohung online zu halten…

Update: Markus sagt mir, dass das bei denen völlig normal ist. In dem Fall, ProSieben: Ich lass einen auf euch, geht einfach pleite.

Erstellt: 1. 11. 2009, 17:27:58 (CET)
Geändert: 2. 11. 2009, 19:10:02 (CET)
Tags: German Stefan Raab Schlag den Raab SdR Furz Video YouTube Copyright

Platzprobleme

Nachdem in den letzten Wochen die Relevanzdebatte der deutschen Wikipedia immer weiter hochkocht, sah sich der Wikimedia Deutschland e.V. ja genötigt, zu einer Diskussion einzuladen. Das wurde in den Blogs ja erst mal ganz positiv aufgenommen, und auch die alten Medien erwähnten diesen Impuls des Aufeinanderzugehens löblich.

Jetzt rudert Wikimedia jedoch plötzlich zurück: Hieß es in der ursprünglichen Ankündigung noch die Diskussion wird offen sein, so hat sich der Termin inzwischen in eine Podiumsdiskussion verwandelt, bei der sich fünf mehr oder minder bekannte Persönlichkeiten stellvertretend für mehrere tausend Interessenten fühlen sollen. Und als ob das nicht genug wäre, ist aus Platzgründen […] eine Anmeldung dringend erforderlich, und man solle doch bitte dafür Verständnis haben, dass nur teilnehmen kann, wer eine Teilnahmebestätigung von uns […] erhalten hat. Zu Deutsch also: Wir wissen, dass uns da ein Tumult erwartet, und ziehen es vor, lieber von 20 Leuten mit Dreck beworfen zu werden als von 400.

Das Ganze wird noch verschärft dadurch, dass für Pressevertreter andere Einladungsmodalitäten gelten wie für das normale Fußfolk Prekariat. Denn da muss man nun wirklich kein Verschwörungstheoretiker sein, um den Braten zu riechen: Die Veranstaltung soll wohl eher auf einen Schauprozess zur Besänftigung der Presse herauslaufen. Ist ja auch durchaus verständlich:

Eine ganze Menge Leute aus meinem Umfeld haben bereits angekündigt, die Wikipedia nicht mehr mit Spenden unterstützen zu wollen. Auch von mir kriegt die Truppe keinen Cent mehr, bevor sie nicht wieder ihre Arbeit so macht, wie ich mir das vorstelle.

Nun handelt es sich bei „meinem Umfeld“ größtenteils um Hacker und andere internetaffine Menschen, die im Durchschnitt finanziell in etwa so impotent sein dürften wie ich. Und trotzdem kratzen wir immer irgendwo was zusammen, um uns bei einer unterstützenswerten Organisation zu bedanken. Es ist nicht viel, aber auch Kleinvieh macht Mist.

Nur, jetzt überlege man sich mal, wenn plötzlich der Süddeutsche lesende Banker, der freies Wissen für eine gute Sache hält und jährlich mal 500 Euro springen lässt, wenn der auf seinem toten Baum plötzlich liest, dass die Wikipedia in Ungnade gefallen ist und Wissen vernichtet, statt es zu sammeln. So Leute lesen keine Blogs. Aber sie reagieren wahrscheinlich ähnlich: Stellen ihre Spenden ein und erzählen ihren Freunden davon.

Okay, sagt ihr. Aber was sollen sie denn sonst machen, die armen Wikipedianer mit ihren zu kleinen Vereinsräumen?

Ich hab da die selbe Meinung wie Fefe: Sich eine Räumlichkeit mieten für die Veranstaltung. Wo 400 Leute oder so reinpassen. Ist ja nicht so, dass Berlin Provinz wär.

Natürlich kostet das Geld, ganz klar. Aber habt ihr euch mal den Tätigkeitsbericht des e.V. angesehen? Die sitzen da locker auf über 200.000 Euro. Eure und meine Spenden sind das. Aber genau wie bei den Artikeln, die wir mit viel Arbeit beisteuern, und die direkt wieder gelöscht werden, entscheidet auch hier die Wikipedia-Obrigkeit bonzenhaft darüber, dass eine solche Lappalie wie die Relevanzdiskussion die Investition nicht wert ist.

Ich sag euch mal was, liebe Wikipedianer.

Ihr unterschätzt diese Geschichte um Größenordnungen.

Das hier ist nicht einfach „Fefe hetzt seine Trolle auf die Wikipedia“. Die meisten von uns können selbst denken und sind nicht deshalb mit Fefe einer Meinung, weil er es uns diktiert, sondern weil er Recht hat.

Es geht mir nicht darum, dass ich in der Wikipedia lesen will, wieviele Kindersitze in Tims Auto sind, oder was Fefes Frühstücks-Geheimrezept ist. Es geht darum, dass ihr euch dem Auftrag gestellt habt, das Wissen der Menschheit zu sammeln. Dafür bezahlen wir euch. Dafür investieren wir abertausende Personenstunden. Und da wir das alles tun, haben wir das Recht auf einen Artikel über MOGiS. Über den Tschunk. Über Marvin, Clango und Erasmus. Über Zensursula, Fefe und den magic smoke. Und wir haben verdammt nochmal ein Recht darauf, dass ihr euch anhört, warum wir das finden.

Leute, es werden in aller Ernsthaftigkeit Forks diskutiert. Nicht als Drohung, sondern als letzter Ausweg. Niemand mit auch nur einem bisschen Hirn macht leichtfertig einen Fork, wenn er es vermeiden kann. Wir sind also quasi echt verzweifelt. Wir haben so viel Herzblut in die Wikipedia gesteckt und halten das Konzept für so richtig und wichtig, dass wir nicht zulassen werden, dass einige Spinner es zerstören.

Ihr habt momentan einen Großteil der Leute gegen euch, die sich „die Hacker“ nennen. Die euch MediaWiki beschert haben, die Software, ohne die ihr euren ach so hochwertigen Content gar nicht verwalten könntet. Die euch Apache, MySQL, Squid, Linux und wasnichtalles zur Verfügung gestellt haben.

Wir sind die, auf deren Schultern ihr steht. Verscherzt es euch nicht mit uns.

Erstellt: 30. 10. 2009, 10:16:20 (CET)
Tags: German Wikipedia Relevanz Diskussion

Spiced Pork and Muesli

Gestern habe ich im IRC unseren Frischlingen noch erklärt, warum die Zeit von Hackern zu wertvoll ist, um ihnen auf den Sack zu gehen. Und jetzt musste ich vorhin bei Twitter miterleben, wie haufenweise Leute aus dem Clubumfeld angefangen haben, immer den selben Tweet durch die Gegend zu schicken:

Ich will diese Liste hier gewinnen: http://tinyurl.com/yjpyqn5 #tweetpaketverlosung #tweetpaket

Das Ganze ist eine Verlosung eines zugegebenermaßen recht umfangreichen Paketes an Zeug von allen möglichen Web-Firmen aus Deutschland. Organisiert bzw. gebloggt hat das mymuesli, der Dienst für Leute, denen Casemodding und ne eigene Handyoberschale nicht ausreicht und die wahrscheinlich auch ihre Kondome bei Amazon Prime bestellen.

Warum mir das aufn Sack geht? Ganz einfach.

Werte Hacker und Haecksen. Ich followe euch, weil ich euren Output interessant und/oder unterhaltsam finde und/oder euch persönlich kenne. Das Schöne am CCCler followen ist, dass ihr nicht jeden Scheiß mitmacht, der gerade in ist. Beispielsweise habe ich schon ein paar langjährige Freunde aus der Timeline geschmissen, weil sie wiederholt irgendwelche MacBooks, iPhones oder wasauchimmer der Lemming von heute so braucht über Twitter gewinnen wollten. Das war bei diesen Leuten nicht weiter schlimm, weil sowieso nur eins der drei „und/oder“-Kriterien von oben auf sie zutraf. Bei euch ist das teilweise anders.

Was denn so schlimm daran ist, wenn mal ein Tweet (wohlgemerkt pro Person, außer bei den Helden, die dann noch ein „Entschuldigung!“ hinterher schicken) Werbung ist?

Es ist ein Dammbruch. Das ist nämlich dann plötzlich nicht mehr so klar als „unerwüschte Werbung“ im Sinne des Gesetzes, gegen die man sich heutzutage ja immerhin schon halbwegs brauchbar wehren kann, zu erkennen. Ihr lasst euch für die kommerziellen Interessen von Firmen missbrauchen. Was ja an sich nicht so schlimm wäre; ich will niemanden von seiner persönlichen Prostitution abhalten. Aber wenn es auf Kosten der Freunde und Bekannten geht, hört meiner Meinung nach der Spaß auf.

Mal ehrlich: Wie groß sind eure Chancen? Im Vergleich zu der Menge an Leuten, die euch (vielleicht) was bedeuten und denen ihr auf den Wecker fallt?

Na klar, mitmachen kostet nix (außer die Unschuld). Aber tragt ihr euch dann auch bei diesen tollen Gewinnspielseiten im Internet ein? Die, denen ihr nur einmal eure Adresse gebt und die euch dafür täglich automatisch bei hunderten Preisausschreiben anmelden? Mit Gewinngarantie? Nein? Aber warum denn nicht, ihr habt’s doch scheinbar so nötig!

Ach so, es rentiert sich nicht, die Gewinne sind da viel zu niedrig? Und außerdem wird mit diesen Gewinnspielen ja eh nur Adresshandel gemacht?

Ja, das ist bei diesen Twitter-Verlosungen natürlich ganz anders. So ein ganzes MacBook, oder ein Paket voller Ramsch, äh, pardon, Köstlichkeiten wie mehreren Sorten Wurst (ihr lacht — in dem Twitter-Paket waren wirklich von verschiedenen Anbietern Würste mit dabei!) ist da schon eher was, nicht wahr? Und außerdem gibt man seine Adresse nicht raus und hat sich in 10 Sekunden seine Teilnahme zusammengeklickt. Wenn Spießer wie ich sich darüber aufregen, sollen sie doch. Spielverderber.

Dann hab ich noch nen ganz besonderen Tipp für euch. Der hiesige Popgedudel-Idiotensender, RPR1, hatte ne zeitlang ne Aktion, wo sie jede Stunde eine zufällige Telefonnummer aus dem Sendegebiet angerufen haben. Wer dran ging, bekam 10.000 Euro. Er musste dafür nur eine Sache tun: Sich nach dem Abheben des Hörers nicht mit Pokriefke?! melden, sondern mit Hallo RPR1!

Findet ihr affig? Weil die Chancen so gering sind, man sich kostenlos als Werbeträger einspannen lässt, man seiner Umwelt aufn Sack geht und sich lächerlich macht? Fand ich auch. Und ich hab mich unverblümt über diese Spinner amüsiert, die da mitgemacht haben.

Und das mache ich heute noch. Selbst wenn die Spinner nicht mal mehr ans Telefon gehen müssen.

(Oh, und mymuesli, ihr Profis: Bei ner Firma, die meine Freunde in die Prostitution treibt, bestelle ich mit Sicherheit nichts.)

Erstellt: 28. 10. 2009, 19:43:10 (CET)
Tags: German rant spam Twitter Gewinnspiel

Auf die Ohren!

Wer mir bei Twitter nicht followt, der hat es wahrscheinlich nicht mitgekriegt: Ich bin jetzt unter die Podcaster gegangen. Zusammen mit anderen Leuten. Wir nennen uns Podpiraten und haben uns zur Aufgabe gemacht, Podcasts für und über die Piratenpartei zu machen. Zielgruppe sind also nicht nur Parteimitglieder und Sympathisanten, sondern auch „ganz normale Leute“, die wissen wollen, was in der Partei gerade so abgeht.

Das ganze entstand recht spontan beim Bundesparteitag. Inte und ich ließen im „nullten“ Teil zwei Stunden im Hotelzimmer den Tag Revue passieren. Dabei schweiften wir auch ganz ordentlich ab und erzählten viel Müll am Thema vorbei; unterhaltsam ist’s trotzdem.

Für den darauf folgenden ersten Teil der „PiPaPo“ (Piratenpartei-Podcast) getauften Reihe hatten wir uns mit numen81 einen echten Journalisten ins Boot geholt. Heraus kam ein, diesmal beim Thema bleibender, zweistündiger Trialog zu den Äußerungen von Bodo Thiesen (ich schrieb darüber), was sie für die Partei bedeuten (wenn überhaupt) und wie’s jetzt weitergehen soll.

Die Podpiraten legen trotz ihrer Nähe zur Piratenpartei Wert auf neutrale und faktisch korrekte (statt beschönigende) Berichterstattung sowie Transparenz der Partei nach innen und außen. Wen sowas interessiert, der sollte einfach mal reinhören. Podpiraten.de ist die Adresse. Und bei Twitter gibt’s uns auch.

Erstellt: 14. 7. 2009, 12:40:17 (CEST)
Tags: German Piratenpartei Podcast PiPaPo Podpiraten Bodo Thiesen Holocaust Revisionismus BPT09

Bodo, die Zweite

Dieser Beitrag ergänzt den aus Zeitgründen etwas mit heißer Nadel gestrickten Beitrag von gestern, die Lektüre des alten Beitrags wird also vorausgesetzt.

Ich habe in den letzten Stunden sehr viel Input zum Thema Bodo bekommen und einige fruchtbare Diskussionen geführt (für die ich mich nochmals bedanken möchte). Meine Meinung zur „Causa Thiesen“ hat sich dadurch geändert, und ich möchte wie schon mit meinem letzten Artikel versuchen, eine möglichst neutrale Einschätzung abzugeben.

Davor möchte ich jedoch wie angekündigt meine Aussage zur Gesetzeslage, die ich gestern getätigt habe, relativieren. (Er hat relativieren gesagt! Steinigen! Steinigen!)

Ich halte Denkverbote für falsch. Ob das Verbot der Holocaustleugnung eins ist, sei dahingestellt, aber selbst wenn nicht, frage ich mich, ob eine modere Gesellschaft es nicht verkraften können sollte, dass jede noch so krude Meinung und Verschwörungstheorie geäußert werden darf. Andererseits habe ich auch ein Problem damit, wenn man mit Völkermord sympathisiert. Was schwerer wiegt habe ich für mich noch nicht abschließend geklärt. Und ja, ich halte „dazu habe ich mangels ausreichender Beschäftigung mit dem Thema noch keine Meinung“ für eine zulässige und durchaus piratige Einstellung.

Kommen wir nun aber zu Bodo. Zuerst mal: Bodo leugnet den Holocaust nicht. Wer das behauptet, macht sich selbst strafbar.

Aber: Bodo relativierte den Holocaust in einer Aussage aus 2003: Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Judenverfolgung lächerliche 12 Jahre dauerte, kann die USA auf /jahrhundertelange/ Verfolgung und Unterdrückung zurrückblicken. Es waren nur keine Juden, sondern Indianer, Schwarze usw. Andernorts behauptet er, Polen sei Schuld am Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Inwiefern diese Aussagen strafrechtlich relevant sind, kann ich nicht sagen. Unglücklich sind sie allemal.

Und es geht noch weiter. Hier (Es steht jedem Juden frei, jederzeit Deutschland für immer zu verlassen.) und hier (Hitler wollte die Juden ursprünglich nicht vernichten. Ursprünglich wollte er sie nur aus D heraus haben.). Gerade beim ersten Thread wird die Intention zwar deutlich, wenn man seine vollständige Nachricht liest. Er fragt nämlich, ob man in einem Land, in dem man scheinbar nicht gewollt wird, denn unbedingt weiterhin leben muss. Diesen Gedanken halte ich für nachvollziehbar; auch ich habe beispielsweise schon darüber nachgedacht, Deutschland zu verlassen und die Verrückten hier sich so viel zensieren und überwachen zu lassen wie sie wollen.

Ob Bodos Aussagen also „hart aber ehrlich“, „an der Grenze der Strafbarkeit“ oder schlicht „menschenverachtend“ sind, darüber will ich aber gar nicht debattieren. Denn eines sind sie mit Sicherheit: Nicht feinfühlig genug, um ihm nicht direkt die Eignung für das Navigieren in den stürmischen Gewässern, die sich Politik nennen, abzuerkennen.

Bodo, ich habe dich vor dem Parteitag nicht gekannt und mich auch an diesem Wochenende nicht persönlich mit dir unterhalten. Auf dem Podium hast du auf mich einen kompetenten Eindruck gemacht. Du warst um Schlichtungen bemüht, hast mit Satzungsfachwissen geglänzt und es war dir anzumerken, dass dir das Wohl deiner Partei sehr am Herzen liegt. Ich finde das bewundernswert. Andererseits glaube ich, dass dir in Punkto Diplomatie eben dieses Fachwissen fehlt.

Ich kann mich zwar nur ein bisschen, aber immerhin ansatzweise in deine Lage versetzen. Ich bin Hacker, und Hacker sind nicht gerade für einen samtweichen Diskussionsstil bekannt. Diesen Diskussionsstil sehe ich auch bei dir. Du setzt solche Formulierungen wie „meiner derzeitigen Meinung nach“ nicht, weil du wahrscheinlich findest, dass das sowieso vor jeder Äußerung einer jeden Person automatisch zu lesen ist. Du weigerst dich, von deinen Positionen abzurücken, weil du weder die eine noch die andere Seite als hundertprozentig schlüssig und als „die Wahrheit“ ansiehst und dich erst dann bewegen willst, wenn man mit mehr als nur „das ist eine unziemliche Meinung“ argumentiert. Das alles kann ich nachvollziehen, und es ist bei Diskussionen unter Hackern durchaus üblich. Das Problem dabei ist nur, dass du eben nicht in einer Hackergruppe engagiert bist, sondern in einer Partei. Und da muss man sehr genau aufpassen, was man sagt.

Ich hasse diesen Zwang zur politischen Korrektheit ebenfalls. Aber er gehört nun mal zum Politikgeschäft. Da dir das nicht liegt (und das ist kein Vorwurf!), würde ich vorschlagen, dass du von deinen Ämtern in der Partei zurücktrittst und auch nicht mehr für welche kandidierst. Wer zu rhetorischen Fehltritten neigt wie du es leider tust, sollte die Piraten nicht nach außen hin vertreten.

Aber: Deine Arbeit für die Partei war, soweit ich das beurteilen kann, sehr gut. Du hast die Piraten weitergebracht. Du hast für eine gute Sache gekämpft und dabei sogar deinen Job verloren. Dafür zolle ich dir Respekt. Und ich möchte, dass du diese Arbeit weiterführst, weil du ein fähiges und engagiertes Mitglied der Piratenpartei bist.

Meine favorisierte Lösung wäre deshalb: Bodo tritt von seinen Ämtern zurück, formuliert ein feinfühliges Dokument, in dem er zu den Vorwürfen Stellung nimmt (oder lässt sich von Profis eins formulieren) und leistet weiterhin die erstklassige Arbeit, die die Partei von ihm gewohnt ist — aber eben nur als „normaler“ Pirat. Vor allem aber wünsche ich mir, und das geht an meine bloggenden, twitternden und journalisierenden Kollegen, eine Versachlichung der Debatte. Bodo als Antisemiten zu bezeichnen, wie es Kai tut, halte ich für nicht hilfreich und nicht hinreichend belegbar. Bitte bleibt beim Thema, egal wie aufgeregt ihr seid. Ich hoffe, das ist mir hier auch gelungen.

Abschließend möchte ich noch auf zwei weitere Artikel zum Thema hinweisen: Den von towo zum Thema Missverständnisse und Denkverbote, und den von Enno zum Thema, was das alles jetzt für die Piraten bedeutet.

Erstellt: 7. 7. 2009, 16:43:19 (CEST)
Tags: German Piratenpartei Bodo Thiesen Holocaust Revisionismus BPT09

Verklagt die Piraten!

Kaum bin ich vom Bundesparteitag wieder daheim, muss ich meine wertvolle Zeit schon wieder darauf verwenden, Leute, die nicht ausreichend recherchiert, aber dafür ne große Klappe haben, daran zu hindern, der Piratenpartei zu schaden. Ich bin darüber, sagen wir, nicht gerade erfreut und bitte daher, den etwas barschen Ton zu entschuldigen.

Was war passiert? Bodo Thiesen ist vom Bundesparteitag der Piratenpartei zum Ersatzrichter gewählt worden. Bodo ist in der Partei umstritten, weil er vor sechs Jahren im Usenet streitbare Aussagen zum Holocaust und zum zweiten Weltkrieg getroffen hat, die von Indymedia 2008 unter dem Titel Revisionismus in der deut. Piratenpartei wieder aufgegriffen wurden. Der Indymedia-Artikel zitiert auch Mails der „Aktive”-Mailingliste der Piratenpartei vom Mai 2008, die schließlich dazu führten, dass Bodo vom Vorstand gerügt wurde. Bis heute hat sich Bodo nicht von diesen Aussagen distanziert, aber am 12. Mai 2009 eine Stellungnahme im Piratenwiki veröffentlicht.

Nachdem jetzt die Debatte immer mehr hochkocht und dabei auch einige haarsträubende Meinungen zu Tage kommen, äußere ich mich jetzt auch mit einer hoffentlich recht neutralen Sicht auf die Dinge.

  • Das Leugnen des Holocaust ist (u.a.) in Deutschland verboten (§ 130 StGB Abs. 3ff). Aber auch das Rechtfertigen und Billigen der NS-Verbrechen wird (nach meiner Interpretation des Gesetzes) unter Strafe gestellt. „Holocaustleugnung“ ist kein Straftatbestand, der fragliche Paragraph trägt den Titel „Volksverhetzung“.
  • Das Parteiamt, in das Bodo gewählt wurde, ist recht unbedeutend. (Nichtsdestotrotz ist es eventuell ein schlechtes Signal.) Ich halte es aber für vermessen, wenn Leute, die auf dem Parteitag nicht anwesend waren (huhu Chris), behaupten, die „Bodo-Affäre“ wäre den anwesenden Piraten vor der Wahl bekannt gewesen. Bei seiner Wahl als zweiter Protokollant ganz am Anfang der Veranstaltung sowieso nicht, und auch bei der Wahl als Ersatzrichter nicht. Ja, es gab die Frage, wie er sich zu den Vorwürfen äußert, aber wie an dem im Video deutlich zu hörenden Applaus ablesbar ist, war der Großteil der Piraten mit seiner Antwort (man möge ihn anzeigen statt verleumden, wenn man ihm eine Straftat vorwirft) einverstanden. (Erklärend: An alle Kandidaten für Parteiämter wurden im Rahmen der Vorstellung der Person Fragen zugelassen, davon wurde auch reger Gebrauch gemacht.)
  • Mitglieder, die mit der Problematik bislang noch nicht vertraut waren (z.B. ich) konnten nun zwei Eindrücke bekommen: Entweder, dass dieser Bodo irgendwie seltsam ist und vielleicht nicht gewählt werden sollte. Oder aber, dass ihm von einer kleinen Gruppe in der Partei ständig Vorwürfe gemacht werden, um ihn zu diskreditieren, bzw. weil es sich um Leute handelt, die jede noch so kleine kritische Äußerung zur Lehrbuchmeinung über das Dritte Reich nicht zulassen will. Auf mich machte es letzteren Eindruck, vor allem durch die nervigen Quengeleien der Person hinter mir, die bei jeder Äußerung Bodos verächtlich stöhnte oder trotz der guten Vorschläge und Leistungen, die er im Verlauf des Parteitags vorbrachte, sich ständig durch konstruktive Äußerungen wie „aber nicht Bodo“ oder „och Boooodo“ hervortat.
  • Es ist unangebracht, die Partei aufgrund von Äußerungen, die ein einzelnes Mitglied privat abgibt, insgesamt zu verurteilen. Jede Partei hat ein Recht auf Idioten — was nicht heißt, dass ich Bodo für einen halte.
  • Die Zitate, die Bodo unterstellt werden, sind teilweise aus dem Kontext gerissen. So wird er beim Thema „Deutschlands Überfall auf Polen“ zitiert mit: In diesem Fall wäre Deutschland möglicherweise Schuld. Aber dummerweise war da kein Überfall. Das liest sich so, als würde er die Geschehnisse am 1. September 1939 leugnen wollen. Dem ist aber nicht so. Wer den Thread mal halbwegs vollständig liest, findet heraus, dass er sich nur gegen die Bezeichnung „Überfall“ wehrt und „Angriff“ bevorzugt, und er besteht auch bei der am 20. Mai abgegebenen Stellungnahme auf dieser Begrifflichkeit.
  • Eine Kopie der Mails vom Mai 2008, die zum Indymedia-Artikel führten, konnte mir leider niemand vorlegen, weshalb ich die ihm zur Last gelegten Zitate ebenfalls als potenziell verfälscht ansehen muss und nicht bewerten kann. Jeder, der Bodo nicht vorverurteilen will, sollte genauso verfahren. Und eine Vorverurteilung widerspricht ganz klar den Zielen der Piratenpartei. Jeder, der Bodo blind verurteilt, ist in meinen Augen schädlicher für die Partei als Bodo. Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Der überwiegende Teil der Mitglieder ist in den letzten Wochen zur Partei gestoßen und konnte sich bislang keine Meinung bilden.
  • Ich bin mit Bodo einer Meinung, dass jeder einzelne Mensch, der verfolgt und getötet wurde einer zuviel war. Ich bin aber ebenfalls mit ihm einer Meinung, dass das Verbot, den Holocaust infrage zu stellen, eine neutrale Beschäftigung mit dem Thema verhindert und eines modernen Rechtsstaates unwürdig ist. Darüberhinaus denke ich, dass beide dieser Thesen von jedem Piraten geteilt werden müssten.

Mein Fazit lautet: Es ist zu prüfen, ob Bodos Äußerungen eine Straftat darstellen, oder ob es sich nur um unbequeme Freidenkerei handelt. Ich maße mir nicht an, diese Entscheidung zu fällen, und ich halte es auch für einen Verrat an den Prinzipien der Piratenpartei, wenn ohne eine solche Klärung Disziplinarmaßnahmen gegen Bodo ausgesprochen werden. Piraten setzen sich für Bürgerrechte und freie Meinungsäußerung ein, und daraus folgt meiner Meinung nach direkt, dass Bodo bis zu einer Klärung der Vorwürfe als unschuldig anzusehen ist und nicht allein aufgrund von kontroversen, kritischen Gedanken vorverurteilt wird. Wer ihm Straftaten vorwirft, soll ihn verklagen, fertig aus.

Und nun hört bitte auf, aus Presseschiss hier fähige Leute fertigzumachen. Vielen Dank.

Erstellt: 6. 7. 2009, 18:39:17 (CEST)
Tags: German Piratenpartei Bodo Thiesen Holocaust Revisionismus BPT09

Dropping qb maintainership — for real now

It is over half a year ago that I decided to stop developing my so far most successful open source project qb. I promised to publish the logo contest submissions and I still had to update the documentation to reflect the change in maintainership.

Two days ago an e-mail arrived, asking for qb installation support. This motivated me to finally tidy up the documentation, license and all that other stuff. Therefore I’m now announcing:

The latest qb version is Git commit 5a6d1c9570997191a53a15fcc754d503365cdbb3, the tag “unmaintained09” pointing to it is signed by my PGP key. The docs have been updated, the GitHub repository now contains all the tags. Additionally, the WTFPL license text has been added.

Farewell, qb, it was fun. Thanks to all the contributors. Oh, and a more powerful blog/wiki/ticketing solution is already planned — and it will include a qb import. ;)

Erstellt: 25. 6. 2009, 13:22:37 (CEST)
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Tauss in der Piratenpartei?

Momentan heißes Thema bei Twitter und auf den Mailinglisten der Piratenpartei ist ein Artikel bei bild.de, dass der wegen dem Besitz von Kinderpornografie in Ungnade gefallene SPD-Abgeordnete Jörg Tauss möglicherweise zu den Piraten wechseln will. Tauss, über den ich bereits zur Europawahl kurz was geschrieben hatte und dessen Geschichte ich auch in meinem einstündigen Vortrag zu den Netzsperren darlege, will darüber zwar erst nochmal schlafen und sich mit seiner Frau beraten (die von seinem Kinderporno-Alleingang nichts wusste, aber zu ihm gehalten hat), aber fest steht schon jetzt, dass ich die Partei unterstützten werde – in welcher Form auch immer.

Die Piraten überlegen jetzt, was sie davon halten sollen. Kann man der Bild überhaupt trauen? Ja, das kann man, denn auch der Freitag und die SZ bestätigen den Bericht. Tauss’ Büro wird mit den Worten möglich ist alles zitiert, und auch Andreas Baum, Oberpirat Berlins, sagt, man würde „Gespräche“ führen. Tauss selbst hat sich noch vor einer Woche SPD-treu geäußert: Nein, sorry. Aber nur ein kluges Wort als Sozi und schon wird man Pirat :) Doch nachdem er sich gestern für den Bundestag schämte und das auch in einer Rede (die wohlgemerkt — auf Wunsch der SPD — erst nach der Abstimmung zugelassen wurde) äußerte, klang das schon anders, und offenbar hat sich seine Meinung zu den Piraten, aber auch zur SPD, geändert.

Aber was ist mit den Kinderporno-Vorwürfen? Macht man sich als Partei nicht angreifbar, wenn man so jemanden aufnimmt?

Nun, möglicherweise macht man das, ja. Aber ich möchte meine Meinung, die ich bereits auf der Mailingliste der Piraten dargelegt habe, nochmal wiederholen: Mit Tauss käme jemand in die Partei, der nicht nur über wertvolle politische Erfahrung verfügt, sondern auch über die Verbissenheit und die Unabhängigkeit, dafür auch einzustehen — egal was die populistische, uninformierte Mehrheit dazu sagt. Der Mann hat in letzter Zeit wegen der ganzen KiPo-Affäre viel mitgemacht, unter anderem sein Haus verloren; die Partei intrigierte und hat ihn nach allen Regeln der Kunst abgesägt, und ganz allgemein ist es sicher auch nicht allzu angenehm, mit oder ohne vorgehaltene Hand als Pädophiler bezeichnet zu werden. Wer von euch würde nach so einem Trommelfeuer von allen Seiten weiterhin für das kämpfen, was man für richtig hält? Tauss tut es. Und er tut es gut, was man daran merkt, wie sehr er von allen Seiten diskreditiert wird, um sich seinen Argumenten nicht stellen zu müssen.

Schlussendlich ist es ihm überlassen, wie er sich entscheidet. Ich würde es ihm empfehlen (und habe das auch bereits getan; einer der Vorteile von Politikern, die bei Twitter einen echten Dialog statt Wahlkampf pflegen), weil er bei den Piraten einfach wesentlich besser hineinpasst als in das, was aus der SPD geworden ist. Und allen Piraten, die sich Sorgen über negative Schlagzeilen wegen der Kipo-Ermittlungen machen, möchte ich sagen: Bei der SPD habt ihr euch über das „medial unerwünscht“ echauffiert. Fasst euch mal an die eigene Nase und habt bitteschön den Arsch in der Hose, zu einem der wenigen für Freiheit und Demokratie einstehenden Politiker Deutschlands zu stehen. Wir sind Piraten, verdammt. Wir scheißen auf die Bild. Denn wir wissen, dass das Netz sich durchsetzen wird.

Am Rande sei übrigens noch der faszinierende URL-Wandel der Bild erwähnt: Während der Artikel zuerst unter http://www.bild.de/BILD/politik/2009/06/19/kinderporno-abgeordneter-joerg-tauss/will-zur-piraten-partei-wechseln.html veröffentlicht wurde, wurde inzwischen „kinderporno“ durch „spd“ ersetzt. Das war wohl auch der Bild etwas zu polemisch.

Oh, übrigens: Bei 3Dsupply gibt es aus aktuellem Anlass kostenlose Piratenshirts.

Erstellt: 19. 6. 2009, 16:36:23 (CEST)
Geändert: 19. 6. 2009, 19:26:22 (CEST)
Tags: German Tauss Piratenpartei SPD Gerücht Wechsel
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